Faye Guillaume: Ein Tag im Leben des Dimitri Leonidowitsch Oblomow. (1998)

Die Kurzgeschichte ist ein bizarrer Vertreter rechter "Utopien" und entspricht in Form und Art eher altertümlichen utopischen, modellartigen Lehrstücken aus dem 19. Jahrhundert. Was bei rechts-konservativen(!) Werken nicht unbedingt überraschen muss. Sind halt selten Avantgardisten - die Konservativen!
Sprachliche Virtuosität und Ästhetik darf man hier nicht erwarten. Die Erzählung ist ein provisorisches Vehikel zur vereinfachten, bewusst provozierenden Darstellung eines ideologischen Konzepts.

Geschildert wird ein Tag aus dem Leben des alten aber rüstigen, selbstgefälligen (und lüsternen) Generalbevollmächtigten Reichsrats der Eurosibirischen Föderation Dimitri Oblomow. Zuständig für die Lösung binnenregionaler Interessenkonflikte sämtlicher Art - mit gelegentlichen Ausflügen in die Außen- und Sicherheitspolitik. Er befindet sich auf der Rückreise von seinem jüngsten Einsatzort in der Bretagne zu seinem Heimatort an der Beringstraße im äußersten Nordosten Russlands. Dafür benutzt er eine "Planetenbahn", einen Hochgeschwindigkeitszug (bis 20.000 km/h) in einer weitgehend unterirdischen Vakuum-Röhre bzw. anschließend ein Luftschiff. In der Bahn begegnet er der jungen indischen Aristokratin Nafissa auf Studienreise. Oberlehrerhaft berichtet und erklärt er die Geschichte des Staates - inklusive Untergang der alten Welt und Aufstieg bzw. Verfasstheit der neuen Zivilisation.

Mit dem Titel der Erzählung spielt Guillaume offensichtlich auf zwei bekannte Werke der russischen Literatur an und gibt damit einen - vielleicht ironisch gefärbten, provozierenden - Hinweis zur Interpretation seiner Erzählung:

"Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch" vom (erzkonservativen) Alexander Solschenizyn über einen Tag des geschundenen Intellektuellem im sowjetischen GULAG (ja, wohin sind wir denn hier mit Guillaume geraten? Etwa in einen noch gewaltigeren GULAG-Staat?).

Andererseits verweist der Tite auf "Oblomow" von Iwan Gontscharow, wo es um einen zwar gebildeten, aber denkbar faulen, schläfrigen Adligen zur Zarenzeit geht: ein letztlich nutzloser Mensch, der eigentlich nichts mit sich anzufangen weiß!

Die Weltordnung sieht im Jahr 2073 deutlich anders aus als heute. Die seit Jahrhunderten europäisch geprägte Zivilisation brach Anfang des 21. Jahrhunderts (zw. 2014-2025) in mehreren Katastrophen zusammen. Das ganze System sei nach Ansicht des Autors so marode und innerlich entleert gewesen, dass mehrere, eher kleine Verschiebungen in den Rahmenbedingungen in eine "Konvergenz der Katastrophen" mündeten. Er spricht von einer finalen Beschleunigung, der 80/20-Regel: "20 Prozent eines Systems werden innerhalb von 80 Zeiteinheiten kollabieren, und die verbliebenen 80 Prozent in 20 Zeiteinheiten." Werteverfall, Selbstverachtung, ja geradezu intellektueller und politischer Masochismus, sowie "humanitaristische" Verweichlichung hätten zur Selbstaufgabe, zur inneren Kapitulation Europas geführt und seine Abwehrkräfte gegen hochaggressive, äußere Bedränger gelähmt. Als dieser Feind habe sich der Islam erwiesen bzw. einige von Despoten regierte v.a. nordafrikanische Regimes. Invasive Masseneinwanderungen führten zu einer Verschiebung der Kräfteverhältnisse in Westeuropa. Es war danach eine Frage der Zeit, dass die Immigranten und deren Nachkommen in den demokratisch verfassten Staaten mittels ganz normaler Wahlen natürlich immer mehr Einfluss erlangten und sich folglich mit immer aggressiver vorgebrachten Forderungen durchzusetzen wünschten. Bis eine Patt-Situation entstand, die zu Bürgerkriegen bzw. ethnischen Kriegen entgleiste. Der Zusammenbruch begann bezeichnenderweise im Geburtsland von Aufklärung und Liberalismus: Frankreich. Über einige Jahre hinweg sei danach die gesamte Europäische Union in sich gegenseitig befeuernde Katastrophen hineingezogen worden: schwere Wirtschafts- und Finanzkrisen, durch Klimawandel verursachte kontinuierliche Naturkatastrophen, militärische Konflikte, zu denen sich islamische Staaten gegenüber einem geschwächten und willenlosen Europa eingeladen fühlten. Nach verheerenden Zerstörungen und dramatischer Dezimierung der Bevölkerung um 40 Prozent stabilisiert sich die Lage auf primitivem Niveau: In einigen Regionen können sich auf z.T. Mittelalter-Niveau herabgesunkene, zersplitterte, autokratisch regierte christliche Regionen halten, während andernorts blanke Anarchie herrscht bzw. islamische Armeen und "migrantische Banden" plündernd durch die Lande ziehen oder Gebiete als Kolonien versklaven.

Im Prozess weltweiter Regression lösen sich auch die USA auf, die ohnehin keinen wirklichen inneren Kern besäßen und nur der wirtschaftliche Wohlstand zeitweise zusammengehalten hätten. Nur zentral regierte alte Kulturstaaten mit autoritärer, v.a. "grimmiger" militaristischer Tradition konnten sich verteidigen: China, Japan - und v.a. Russland als den Europäern nächster Verwandter. Auch das chaotische, aber kastenbasierte Indien behauptete sich.
Russland wird von den untergehenden Europäern um militärischen Beistand und Befreiung gebeten. Nach Sieg der Verbündeten, Vertreibung feindlicher Truppen und Deportation verbliebener muslimischer Einwanderer und derer Nachkommen nach Madagaskar, vereinen sich Europa und Russland 2038 zu einer "Eurosibirischen Föderation" unter russischer Führung und errichten ein völlig anderes Gesellschafts- und Staatsmodell mit anderer Struktur, anderen Werten, anderer Wirtschaft. In der Folge erblüht es nach seiner Katharsis als neues Reich zu ungeahnter Stabilität, militärischer Macht und kulturell-technologischer, zivilisatorischer Größe.

Ideologische Basis ist der "Vitalistische Konstruktivismus": "Konstruktiv" ist hierbei der kraftvolle, entschlossene Wille zur Macht und Gestaltung - der "faustische Geist" etwas erkennen und aufbauen zu wollen. "Vital" meint eine - mental gesehen - biologisch-organische, nicht-mechanische Weltsicht bzw. Herangehensweise an Herausforderungen. Was hier allerdings auch zu Rassismus, Eugenik, Trennung der Geschlechterrollen, Ent-Individualisierung der Ehe, soziale Hierarchien usw. usf. geführt wird!
Das vatikanische Papsttum wurde in den Kriegen mit den Muslimen dahingerafft ... und dann nicht wiederaufgerichtet. Damit wurde so ganz nebenbei dem (katholischen) Christentum der "zersetzende universalistische Zahn gezogen und sein politischer Charakter neutralisiert" (Lichtmesz). Es geriet zu einer Folklore-Religion unter vielen (auch neu-heidnischen oder polytheistischen) in diesem Reich. Die christliche Religion ist hier also nicht alleiniger Kompass im christlichen Abendland ... Wurde aber als etwas nur die europäische Zivilisation, deren Völker Kennzeichnendes fokussiert.

Die Föderation besteht aus einem Verbund hinsichtlich organisatorischer Freiheiten erstaunlich autonomer Teilstaaten mit ganz unterschiedlichen Regierungsformen: Es finden sich sowohl Erbmonarchien als auch sozialistische Republiken - je nach Mentalität der Regionen, so der Autor. Die Teilstaaten entsprechen dabei nicht mehr den ehemaligen Staaten wie z.B. Frankreich oder Deutschland, sondern traditionsreicher europäischer Regionen, wie z.B. Burgund, Bayern, Baskenland, Korsika, Fürstentum Moskau usw.
Man strebt nicht mehr danach, allen Menschen gleiche Teilhabe am wissenschaftlich-technischen Fortschritt zu gewähren bzw. denselben Lebensstandard zu ermöglichen. Das Streben nach Egalität ist passe. Dieser Ansatz habe schließlich zu Ressourcen-Raubbau und negativem Klimawandel geführt - den Planeten schließlich überfordert. Vielmehr genießen nur 20 Prozent der Bevölkerung "techno-wissenschaftliche" Verhältnisse, während der Rest - angeblich glücklich - in frühneuzeitlich-mittelalterlicher Subsistenz-Wirtschaft lebt und auch mit dazu passender Gerätschaft hantiert. Diese Menschen sind mit dem Pferdefuhrwerk unterwegs und werken mit Dreschflegel und Töpferscheibe. Man will ja die Ressourcen nicht überspannen! Um diese Leute nicht zu verwirren oder Neid auf andere zu erzeugen, wurden ganz einfach die freien Massenmedien abgeschafft. Vom teuflischen Fernsehen ganz zu schweigen.
Die märchenhaften Spitzenleistungen der Wissenschaft und Technik stehen nur der militärisch organisierten und entsprechend in Habitus und Werte-/Moralkodex ausstaffierten Elite offen. (Kein Eliten-Mensch ohne Uniform ... auch nicht der "Oberstleutnant des II. Reichskünstlerbataillons" ...). Diese Kaste benutzt auch das Euronet (reichs-internes "Internet"), Notebooks, Mobiltelefone, betreibt Raumfahrt zu Mond und Mars, sitzt in den Vakuumröhren-Bahnen und Luftschiffen, trägt biotronische Implantate bzw. bedient biotronische, gentechnisch zusammengemixte, chimären-artige Bio-Kampfmaschinen. Guillaume ist fasziniert von alten Technologien, deren modernisierte Versionen am effizientesten Erfolg brächten - z.B. auf Windenergie basierende Antriebssysteme für Schiffe. Gar nicht mal so unmodern!
Übel wird es allerdings bei mithilfe Gentechnik produzierter Hybriden aus Mensch und Tier - zur Produktion von verbessertem Sperma, als abstoßungssichere Organbanken oder Hämoglobinspender. Tja, der "lustige", zynische, "Eulenspiegel-Teufel" Guillaume lässt nichts Abstruses aus, um hemmungslos zu provozieren!
Mit auffälligem Interesse verausgabt sich der Autor bei der Beschreibung von Transportmitteln und der Begeisterung für militaristische, ja faschistische Ästhetik (Uniformen).
Auffällig ausufernd ist auch die lüsterne Beschreibung virtueller Assistentinnen. Na ja - Guillaume soll kein Kostverächter gewesen sein. "Kostverächter" mag hier nicht passen ... Es soll bis hin zur Sexsucht gegangen sein bzw. zur obsessiven Jagd nach häufigen Eroberungen - männliche Promiskuität.

Autor Guillaume gilt als "Vordenker" der Neuen Rechten in Frankreich bzw. in Europa. Was seinem Lebensstil und seine Ansichten betrifft (siehe die Andeutungen oben), ist er jedoch eher untypisch für diese Richtung. In den siebziger und achtziger Jahren arbeitete er für diverse französische Radiosender bzw. Zeitschriften, darunter auch für den Figaro. Durchaus in sehr humoristisch-subversiver Weise. Auch sein Faible für Comics merkt man übrigens dieser Erzählung an. Zunächst stark antiamerikanisch (Feindbild "McWorld") und damit auch antizionistisch eingestellt, "erkannte" er in den Neunzigern den Islam und die rasche "Islamisierung Europas über die Immigranten" als Hauptfeind der europäischen Zivilisation.
Sein Modell für einen Ausweg aus der diagnostizierten Krise formulierte er schließlich in seinem Konzept vom "Archäofuturismus". Es setzt sich zusammen aus archaischen gesellschaftlichen, Werte- und Staatsaufbau-Elementen und dennoch einem als typisch europäisch "faustisch" behaupteten, konstruktiv-tätigen und aktiven Erkenntnis- und Forscherdrang. Guillaume will alles: sowohl mittelalterliche Werte, Ehre, Entschlossenheit, ja Romantik usw. als auch den modernen Forscher- und Entdeckergeist und Technologie. So steht skurillerweise der Ritter und das steampunk-artige Luftschiff neben Notebook, Ionen-Raumschiff und biotronischem Kampfpanzer in Gestalt eines Tyrannosauriers.

Die Erzählung ist eine Art Beilage zu seiner 1998 erschienen Schrift "L'Archaeofuturisme", in dem er seine Theorie der Konvergenz der Katastrophen ausführlich darlegte, die zu einem Zusammenbruch des westlichen Gesellschaftsmodells führen würde. Ja - weil sowieso nicht mehr verhinderbar - eigentlich schnell führen SOLL, um zu langes Siechtum und Versklavung eines entwürdigten Europa zu vermeiden und etwas Neues aufzubauen. Über das Danach referierte er dort ebenso umfangreich.
Diese "utopische" Fabel sollte sein theoretisches Konzept in lesbarer, populärerer Form illustrieren.
Meist werden rechte Utopien durch apokalyptische Dystopien repräsentiert, die in einem Gemetzel enden, im völligen Untergang. Aber keine Lösungen anbieten. Die schillernde Persönlichkeit des Guillaume ist da anders und bietet mit dem Archäofuturismus und dieser Story eher exotische und ungewöhnliche Kost an. An der ich mich allerdings auch verschlucke!

Und die wirklich nicht logisch durchdacht, in keinster Weise ausgefeilt erscheint, nicht funktionieren kann.
Man kann sich ja über die in dieser Welt herrschenden Werte entsetzen. Guillaume hat damit sehr deutlich - sicher bewusst überzogen und überspitzt - demonstrieren wollen, dass mit dem gegenwärtigen Wertesystem Europas vollständig gebrochen wurde. Da es ohnehin verlogen sei, nicht für die Bewältigung anstehender Herausforderungen tauge und sogar unweigerlich in den Abgrund führe und den Planeten zerstöre.
Aber auch das - technische - Funktionieren der skizzierten Gesellschaft ist mir schleierhaft. Die Lösung für alle aktuellen gesellschaftlichen Probleme und der Ausweg aus der Umweltzerstörung liegt darin, einfach 80 Prozent der Bevölkerung vom wissenschaftlich-technischen Fortschritt bzw. einem höheren Lebensstandard auszuschließen und quasi im Mittelalter (inkl. mittelalterlicher Gesundheits"fürsorge") leben zu lassen. Angeblich glücklich. Wie das? Okay, wenn man eine Art Kastensystem zusammenschustert, wenn außer der Elitenkaste niemand Zugang zu freien Medien mehr hat und Infos z.B. über die geradezu dekadente Lebensweise der Oberschicht vorenthalten werden ... Aber man SIEHT doch gelegentlich die Herrenmenschen mit ihren Notebooks, oder Luftschiffe über seinem Kopf und wird nachdenklich. Da muss es doch eine Ahnung davon geben, dass man auch anders und besser leben könnte. Das muss doch zumindest gelegentlich zu eruptiven Aufständen der "degenerierten Morlocks" führen!?
Außerdem, wie vertragen sich diese Zustände damit, dass einige Teilstaaten sozialistisch verfasst sind? Was soll denn dort "sozialistisch" sein?! Zwischen Regierungsform und wirtschaftlicher Organisation bestehen doch Zusammenhänge - die sich nicht dauerhaft mittels Zwang negieren lassen. Gibt es dort etwa auch eine 20-Prozent-Elite über 80 Prozent Bauern, die nicht anders leben dürfen?
Auch die präsentierte Art und Weise des Regierens gerät zur (unfreiwilligen?) Parodie: Irgendwie lächerliche, faule, leicht dümmliche Greise wie der Herr "Meister" Oblomow halten sich für genial und entscheiden im Minutentakt komplexeste Fragen mit wenigen "unterkomplexen" Anweisungen. So, wie es sich ein pubertierender, größenwahnsinniger Bursche mit mangelhafter, einseitiger Bildung wohl vorstellt. Das erzeugt bei mir keine Bewunderung, sondern kopfschüttelnde, ja angeekelte Abwehr! Allerdings ... überzeichnet Guillaume wohl auch hier: Um den Unterschied zum aktuellen Zustand der verachteten EU zu verdeutlichen. Guillaume sieht die einzelnen europäischen Regierungen als großteils entmachtet an, während eine zentrale, als echte Autorität angesehene gesamt-europäische Regierung in Brüssel in den Kinderschuhen stecken bleibe und ohnmächtig agiere. "Dieses (langandauernde) Interregnum war eine bleierne Zeit." Demokratische Mehrheitsbeschlüsse ziehen sich ins Endlose bis zur Untätigkeit. Angst vor Entscheidungen grassiert. Dem krass entgegengestellt wird hier "fröhliches" dezisionistisches Ein-Mann-Entscheiden. Ich frage mich nur, wer mich vor Fehlentscheidungen eines solchen wirklich doch arg einfältigen Oblomow-Greises bewahrt?!

Das Büchlein ergänzt ein fast 30seitiges Nachwort von Martin Lichtmesz. Auch dieser Herr gehört der rechten Szene an. Seine Aussagen und Ansichten bleiben oft vage, er bezieht keine klare Stellung. Doch seine brillante Kritik und Fragen an Guillaume und dieses Werk sind m.M. lesenswert, erhellend und ersetzen völlig mein Gestammel auf dieser Seite ... Interessanterweise findet er gar Berührungspunkte mit Theodor Herzl's ebenfalls utopischen aber programmatischen, zionistischen Roman "Altneuland" (1902) ...

Klare Empfehlung.

Es ist ein schwerer Fehler des selbstgefälligen, es sich zu einfach machenden Hypster-Mainstreams mit linksliberalem Habitus, wenn er postuliert, die Rechte setze sich nur aus grölenden Dumpfbacken zusammen. Schon deshalb, suggeriert er, müsse man sich ja nicht mit rechten Thesen wirklich auseinandersetzen. Denn dessen Vertreterlinge seien ja doch nur allesamt stumpfsinnig dumme, hassende Schlägertypen. Auseinandersetzung und Eingehen auf deren Themen und Thesen lohne daher nicht. Man möchte sie ja nicht aufwerten. (Arrogantes Vogel-Strauß-Negieren bringt aber auch nichts!) Gefordert sei moralische Empörung - dabei die Bionade zum stundenlag frisierten und gelackten Vollbart führend, die "divers mensch" sich mit dem Lastenfahrrad (neben den zwei SUVs im Car-Port) herankarrte. Okay: sehr unsachlich! Aber diese selbst erklärte Elite ohne Bodenhaftung und Realitätsbezug ist für mich einfach unglaubwürdig und beansprucht zu unrecht ein Meinungsmonopol!
Dabei haben die Rechten und Rechtskonservativen durchaus intellektuelle Köpfe aufzuweisen. Soll man doch - bitteschön - ruhig deren utopische Träume mal durchlesen. Da weiß man dann, was der Welt blüht, wenn Rechtsextremisten so könnten wie sie wollten.
Deshalb wünschte ich auch mal zumindest ein kurzes Buch aus dieser Ecke lesen. Denn längere dystopische "Klassiker" dieser Provenienz hätten sich auch "empfohlen":

"Das Heerlager der Heiligen" - ein Kult-Roman der rechten Szene von Jean Raspail aus dem Jahr 1973, der die europäische Apokalypse nach einer Massen-Invasion (zunächst nur indischer) Flüchtlinge prognostiziert - geduldet von einem humanitaristisch-eudämonistschen (letztlich feigen und schwächlichen) Europa. Von Rechten als "prophetischer Mahner" gepriesen, im Wikipedia-Artikel eher harmlos beschrieben, wurde mir nach stichprobenartigem Hineinlesen auf JEDER gefunden Seite furchtbar übel: vollständig faschistisch! Der weiße Europäer ist dort selbstverständlich und fraglos gottgleich und allen anderen Außereuropäern überlegen und überstellt. Diese anderen - ausnahmslos - sind niedrige, minderwertige, vertierte Barbaren. Dazu musste ich erstmal in den Original-Text sehen! Das erfährt man so krass nicht über Wikipedia & Co. Bitte! Lest es nur selbst und bewertet dann.

Auch das voluminöse Machwerk der neu-rechten Russin Jelena Tschudinowa hätte sich angeboten: "Die Moschee Notre Dame" (2012). Dort wird gleichfalls die blutige islamische Eroberung Europas von innen heraus durch "Migranten-Horden" ausgebreitet. Zu simpel geschrieben und dabei dermaßen monströs dick, dass ich damit keine wochenlange, quälende Lektüre zubringen wollte.

"Unterwerfung" von Michel Houellebecq war da schon subtiler. Aber "Halt"! Weil m.E. überhaupt nicht islamophob, frauenfeindlich oder rechtskonservativ. Im Gegenteil verzweifelt über den seiner Ansicht nach wohl widerlichen Werteverlust in Europa (seine "Pornografie" erzeugt weniger Wollust denn eher Ekel), über den Zustand zunehmend entkernter, vielleicht verlogener Demokratien unter Konzern-Knechtschaft, die allmählich zur bloßen Fassade verkommen. Was autoritären, despotischen, atavistischen "Angeboten" nur Vorschub leistet. Verführerischen Offerten, denen sich schließlich - ganz besonders - die sich aktuell doch so gern "links" und "liberal" spreizenden elitären Zeitgenossen bereitwilligst anbiedern würden - wenn es soweit sei.
Aber jener Roman von Houellebecq ist schon eine andere Sache ...