Stefan aus dem Siepen: Das Seil. (2012)

Eine weitere Story aus dem Fabel-Universum aus dem Siepens: Weil aus dem Siepen ein Freund der Fabel bzw. Parabel ist, mögen seine Kurzromane für manchen Leser zu konstruiert, modellhaft, metaphern-schwanger ... eben manieriert-künstlich erscheinen. Viele andere sind begeistert ob seiner Wortkunst und des innerhalb eines Romans konstant hoch gehaltenen sprachlichen und Ideen-Niveaus.

Eines voraus: Noch vor der Lektüre sah ich die französische Verfilmung. Das Vorbild, das Sujet, die Idee sind erkennbar - das Setting deutlich anders. Übertragen aus einer eher mittelalterlich-frühneuzeitlich anmutenden Welt in die heutige Moderne, verlagert aus einem bäuerlichen Milieu zu einem intellektuellem Astro-Wissenschaftler-Team in Norwegens Einöde. Ich war vom Film angetan. Andere Zuschauer sahen dies kritischer. Auf russischen Film-Plattformen war nicht selten von armseliger Philosophiererei die sarkastische Rede. Daneben der bemerkenswerte, lakonische Satz "Da sieht man, welchen Schaden jahrzehntelanger Sozialismus am Geist anrichten!" Da es kommentarlos dabei blieb, war nicht klar, ob der Kommentator die geschilderte Handlung meinte (bitter-seufzend) oder die intellektuelle Arbeit des (französischen) Drehbuchautors und des (französischen) Regisseurs (sarkastisch-verächtlich) ... Letzteres wäre also noch interessanter.

So war ich über die Unterschiede einigermaßen überrascht; dem Vergnügen an beiden Werken tat dies keinen Abbruch.

Der Autor hält sich mit keiner langen Einführung auf. Schnell geht es in die Handlung. Ein in der Waldwildnis eher abgelegenes Dorf in unbestimmter Zeit. Da die Bauern mit Pfeil und Bogen bzw. Streitäxten hantieren und für die Landarbeit Sensen u. dgl. eine Rolle spielen, nicht aber Maschinen, kann von Mittelalter oder früher Neuzeit ausgegangen werden. Doch eigentlich spielt es für die Parabel keine Rolle.
Der Schreibstil des Schriftstellers erscheint mir (nach Lektüre zweier Werke von ihm) etwas steif, meinem Gefühl nach zu geschliffen und daher kühl - auch distanziert, fast altmodisch. Damit könnte der Leser fremdeln. Dennoch erreicht aus dem Siepen damit v.a., dass die Story zeitlos wirkt - trotz Pfeil und Bogen.

Bereits auf der ersten Seite des Romans, als der verantwortungsbewusste und vernünftige Bauer Bernhard sein Feld betrachtet (die Ernte steht kurz bevor), fallen Worte wie ein Motto: "Die Ähren sind wie das Glück ... Wenn das Glück zu groß wird, wird es zu einem Leid." - die nachdenkliche Lebensweisheit seines ansonsten eher schlichten Vaters. Kein Eingangsmotiv für den Roman, sondern ein Satz, der die Ausgangssituation kurz beschreibt: Eine schlichte dörfliche Gemeinschaft im - nicht immer gewürdigten, nicht immer wirklich wahrgenommenen - Glück. Als er am Feldrand unverhofft das Ende eines Seils findet, dass tags zuvor noch nicht dalag und sich jetzt seltsamerweise endlos in den Wald zieht, ahnt der Beunruhigte bereits eine "immer wieder, und manchmal gerade in den besten Augenblicken, durch seinen Kopf huschende Furcht, das schöne und geborgene Leben, das er mit den Seinen führte, könne nicht von Dauer sein."

Zu lange hat die friedliche Dorfgemeinschaft im immer gleichen Trott zufrieden dahingelebt, als dass sie das rätselhafte Seil nicht faszinieren würde. Ein kleines Abenteuer lockt zu einem aufregendem, aber vermutlich harmlosen Ausbruch aus dem Alltag. Von dem man später seinen Enkeln erzählen kann! Am nächsten Tag werden alle arbeitstauglichen Männer des Dorfes aufbrechen, dem Seil in den Wald zu folgen und dessen Ende zu finden.
Bernhard wird mit ihnen gehen. Der Dorflehrer Rauk, eigentlich ein Fremder aus der Stadt, mit Hang zu Höherem und zwei scharfen Hunden an er Seite(!), wird sich ihnen anschließen und rasch die Führung beanspruchen und auch erringen. Kraft seines rhetorischen Talents, dem die unbedarft-arglosen Bauern ohne größere Gegenwehr verfallen. Obwohl sie wenig begreifen. Es mag an der außergewöhnlichen Situation liegen, die sie überfordert, einem "Geschäft", das nicht das ihre ist und sie deshalb dem vermeintlich kompetenteren überlassen! Der Lehrer hinkt ...! Ein Schmalspur-Intellektueller, der hinkt und pathetisches, demagogisches Zeug faselt? Wer denkt da nicht an Göbbels!
Die Redeweise Rauks wirkt völlig deplatziert in dieser Welt, ist völlig anders als die der Bauern: ein abgehobenes, pathetisch-sentimentales und schwülstiges Politsprech des 20./ 21.Jahrhunderts. Sie irritiert deshalb zunächst den Leser, weil der Autor vermeintlich schwere stilistische Fehler begeht. Aber schnell begreift man Konstruktion und Zweck als Mittel zur Charakterisierung. Es geht nicht um historisch-korrekte Milieudarstellung …

Die Männer werden in den Bann des Seils und ihres "Führers" Rauk gezogen. Sie werden nicht aufgeben können, sondern immer noch einen Tag länger, und och einen weiteren Tag ... dem Seil folgen. Wie Süchtige. Bernhard und ein körperlich entkräfteter Alter werden die einzigen sein, die später immerhin Zweifel anmelden, dem Irrsinn des Irrgangs Widerstand leisten und dem "Seil-Priester" die Gefolgschaft verweigern. Sie werden - zu spät und unüberlegt-übereilt - den Rückweg versuchen ... und scheitern, umkommen; damit sogar die ersten Opfer der Katastrophe sein!

Die Männer folgen dem Rätsel, dem faszinierend Unbekannten immer weiter. "Das Nachdenken war ihre Sache nicht ... Wie sollten sie da an dem Rätsel, welches das Seil ihnen aufgab, nicht scheitern! Aber gerade diese Unergründlichkeit zog sie an - das Seil gewann umso mehr Macht über sie, je weiter es über die Grenzen ihres Verstandes hinausragte. Mit Gedanken konnten sie dem Seil nicht beikommen, also blieb ihnen nichts übrig, als immer weiterzugehen. Früher oder später würde sich das Rätsel schon lösen! Sie dachten nicht mehr, sondern marschierten nur noch."

Ja: MARSCHIEREN ...! Lehrer Rauk spielt dabei übrigens gern auf der Hornflöte, von dem sich die Marschierenden Gefolgsleute "gern einspinnen" lassen. Das erinnert deutlich an den Rattenfänger aus Hameln.

Derweil bleiben die wartenden Frauen, Greise und Kinder im Dorf. Die Ernte steht bevor, die eigentlich Sache der Männer ist. Die aber nicht heimkehren! (Die nie wieder heimkehren werden!) Die Existenz des Dorfes ist plötzlich gefährdet: Die Männer jage draußen in der Fremde einem Phantom, ihrer zweifelhaften Mission nach. Sie haben ihre wirklich wichtigen Aufgaben und Pflichten für ihr Dorf, für ihre Familien aufgegeben zugunsten eines Abenteuers, eines Irrwegs. Zu spät entschließen sich die Frauen, sich selbst zu helfen, um die Ernte in einer Rettungsaktion doch noch einzubringen: Das Unwetter ist jedoch schneller. Das Getreide vernichtet. Ihr Schicksal ist besiegelt. Sie packen nach Tagen / Wochen der Abwesenheit der Männer ihre Habe und Kinder und verlassen die Häuser Richtung anderer Dörfer als obdachlose Flüchtlinge.

Zwischenzeitlich treffen die suchenden Männer im Walde ein rätselhaftes, verlassenes Dorf: alles intakt, aufgeräumt, großteils mit vorhandenem Mobiliar sowie sonstigem Inventar und Gerätschaft. Als ob die Einwohnerschaft zurückkehren wollte. Es ist ihnen unbegreiflich, warum die Menschen den Ort vor wohl schon längerer Zeit verließen. Schäden, Angriffsspuren, Gefahrenquellen, Unwetter usw. als mögliche Ursache sind nicht zu erkennen.
(Dem Leser wird sich das Rätsel lösen, indem ihm das Schicksal des Dorfes der Männer geschildert wird. Offenbar ist auch den Bewohnern dieses Dorfes das Seil "passiert". Alle oder ein großer Teil hat sich auf die Spur des Seils begeben. Zumindest war das Dorf danach sicher nicht mehr lebensfähig - wie das der neuen Seil-Opfer ...)

Das kann dieser Suchtrupp nicht ahnen. Er wird von Rauk angestachelt, sich hier mit für den weiteren Marsch nützlichem Gerät und Proviant zu versorgen. Man würde doch keinen schädigen und man benötige es doch dringend für die hohe Mission. Nun macht Rauk die Männer zu seinen Mittätern, die ihm dann um so treuer folgen werden - aus Angst vor Schande und Strafe. Die Aktion gerät zu einer beispiellosen Plünderung inkl. Verwüstung des Ortes. Man macht Beute und Raub. Charakter und Stimmung der Expedition verändern sich deutlich. Sie verdüstern und verhärten sich zu einem Kriegszug!

Irgendwann ist der Punkt einer "ehrenvollen" Rückkehr verpasst. Die Bauern sind buchstäblich(!) zu weit gegangen, sodass sie glauben, nicht mehr umkehren zu können.
Sie würden es bis zur Ernte sowieso nicht mehr schaffen, es würde nichts an der befürchteten Situation des eigenen Dorfes ändern!
Das wiederum erinnerte mich auf fatale Weise an Menschen, die blind Ideologien oder Verheißungen folgend, zu weit gingen; so viele eigene aber auch fremde Opfer brachten, bei der Verfolgung einer Ideologie Verbrechen begingen. Sodass eine Umkehr nicht mehr möglich schien: 'Wir MÜSSEN nunmehr siegen, auf Risiko des Untergangs. Denn dieser blüht uns sowieso, wenn wir jetzt stoppen, wenn gar die anderen siegen ...'
Soweit ist die "Expedition" aber noch nicht. Noch nicht. Aber schon zeigt sich die wachsende Gefahr (hier in Form eines sie bereits verfolgenden, seine Chance witternden Wolfsrudels). Es heißt: "Der Gedanke, ins Dorf zurückzukehren, ohne das Geheimnis des Seils ergründet zu haben, ließ sie geradezu zusammenzucken: Wie Trottel hätten sie dagestanden! Wie Aufschneider, die mit großen Plänen, vor Tatendrang berstend, davonzogen, nur um schon bald darauf als lächerliche Verlierer wieder heimzukehren ..."

Nach vielen Tagen erreichen einen Hügel mit Aussicht über die umgebenden endlosen, völlig menschenleeren Waldesweiten: Entsetzt kopfschüttelnd nimmt der Leser zur Kenntnis, dass die Schar beim Anblick dieser Wildnis, der fremden, feindlichen Umgebung, in das sie sich vom Seil und dessen Apologeten, dem großen FÜHRER Rauk verlocken ließen, nicht etwa den Irrweg ins Nirgendwo erkennt, sondern im Gegenteil dem Seil, der wirren Ideologie geradezu dankbar ist, dass es ihnen als "Richtschnur" in dieser großen, unüberschaubaren Welt den Weg gewiesen habe! Eine völlige Fehlinterpretation der Tatsachen!
"Mit leichtem Schwindel sagten sie sich, dass sie verloren gewesen wären, wenn ihnen das Seil nicht den Weg gewiesen hätte, nur ihm war es zu danken, dass sie in diesen Wäldern ohne Ende nicht hilflos umherirren mussten. Das Seil nahm sie bei der Hand, blieb immer an ihrer Seite wie ein guter Gefährte, auf den sie sich verlassen durften, gab ihnen Halt und die Zuversicht, ohne die sie verzweifelt wären."
Sie erkennen selbst jetzt nicht ihre gefährliche Lage, ahnen nicht, dass es vielleicht keinen "Weg" zu einem Ziel geben könnte, dass sie ohne Seil und dem fanatischen Glauben daran doch gar nicht in dieser prekären Situation, in dieser Wildnis wären! Das "weise" Seil und sein "Priester" Rauk führen sie eben nicht DURCH die Wildnis, sondern das "dumme" Seil führt sie IN die Wildnis hinein, ins Verderben! Eine verhängnisvolle Verwirrung von Ursachen und Folgen ...

Auch die nächste "Warnung" verhallt: Ein Bauer wird von einer giftigen Schlange gebissen und fällt unrettbar ins Delirium. Dennoch wird auch nach dieser tödlich-bitteren Erfahrung nicht etwa innegehalten, um das bisherige Agieren kritisch zu betrachten, rational Sinn und Unsinn des "Projekts" zu beraten und entsprechende Konsequenzen für angepasstes Handeln gezogen. Sondern im Gegenteil mit stumpfsinnigen Aktionismus reagiert: "Männer ...! Es ist an der Zeit, endlich etwas zu tun. Der Nachmittag rückt voran, wir können nicht noch länger hier warten. ... Es bleibt uns nichts anderes übrig."

Ja! Nur keine Zeit zum Nachdenken geben! Nur nicht kritisch denken lassen: Es könnten Verschwörungstheorien entstehen, die nur vom rechten Pfad abbringen. Womöglich führt das dazu, die aktuelle, gute Führung in Zweifel zu ziehen und "systemische" Änderungen herbeizuführen. Nur nicht einen möglichen Irrweg eingestehen und riskieren, dass der bisherige Führer seine Rolle verliert: Schnell, schnell voran und immer weiter! Es gibt - angeblich - keine Alternative!

Wer weiß schon, wer die Wölfe sind? Es ist ihr Land, ihre Heimat und sicher haben sie Hunger. Sie greifen an! Krieg! Der Angriff wird unter Todesopfern zurückgeschlagen. Eine brenzlige Situation für den Führer, der sein "Volk" nun in einen Krieg geführt hat: Das demagogische Pathos wird (für den fassungslosen Beobachter) unerträglich. Rauk spricht: "Männer! In den zurückliegenden Tagen haben wir große Anstrengungen und Entbehrungen auf uns genommen. ... manches schmerzliche Opfer wurde uns abverlangt. Und doch gab es eines, das uns stets bewusst geblieben ist: All dies geschieht nicht umsonst. Was immer wir zu ertragen haben, ertragen wir für eine große, würdige Sache. ... Heute nun ist es zum Kampf gekommen. Dieser Kampf war schwer, er hat große Opfer gekostet ... Und doch: Wir sind ... als Sieger hervorgegangen! ... Lasst uns daher ... weitermarschieren!"

Wer hat wem etwas abverlangt - das stumme Seil? Wer hat die Opfer und den "Krieg" - ähm, den Kampf mit hungernden Wölfen provoziert? Das "Schicksal" - oder nicht doch der Führer?! Von welcher "großen Sache" ist die Rede?! Da liegt einfach ein unbeteiligtes Seil im Wald! So könnte man es nüchtern doch auch sehen! Selbst nach diesem erschütterndem Erlebnis eines "Krieges" kommen die Menschen nicht zur Besinnung. Der glimpfliche Ausgang, das Überleben wird als Sieg umgedeutet, der die eigene "heilige Mission" sogar noch bestätigen und befeuern soll!
Die Situation wird missbraucht, um nochmals die Truppe einzuschwören und geradezu zynisch daran zu erinnern, dass quasi alle angeblich mitverantwortlich seien und deshalb nicht umkehren könnten. Auch dies erinnert an faschistische oder stalinistische Ideologie: Ein Führer bzw. eine kleine diktatorische Clique manipuliert, entscheidet und regiert, nimmt dann aber alle "Untertanen" in die Haftung, weist ihnen als "Mittäter" die Verantwortung zu bzw. droht indirekt mit Bestrafung durch andere als Mitschuldige. Die Truppe müsse daher brav weiter folgen. "Wir sind ... fest geblieben - wie EIN Mann haben wir den Entschluss gefasst, unseren Marsch bis ans Ende fortzusetzen. Und dieser Entschluss ..., wir können ihn nicht mehr umstoßen, die Gelegenheit ist versäumt, wir MÜSSEN bei ihm bleiben!"

Die Illusion fällt endlich in sich zusammen, als die Männer ein ihr Seil kreuzendes zweites Seil entdecken! Wohin jetzt? Es gibt keine zum vermeintlichen Ziel einzig mögliche Vorwärtsrichtung mehr: Nun sind es schon drei Richtungen. Es ist nicht auszuschließen, dass da noch mehr Seile herumliegen ...

Zwischen Rauk und einem der Bauern, Raimund (der in seiner Führungsrolle entthront worden war), kommt es zum Streit über Abbruch des "irren Projekts" und Heimkehr oder wahnsinnige Weiterverfolgung. Rauk überlebt die Nacht nicht, wird im Schlafe brutal ermordet. Der Attentäter Raimund flieht. Die Dörfler verweigern ihrem so lange treu gedienten Anführer Rauk selbst das Begräbnis. Sie nehmen dem Leichnam alles noch Nützliche ab und machen sich auf die Heimreise.
Sehr ungewiss, ob ihnen diese glücken wird.

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Für die einen eine Fabel "auf den Einbruch des Unbegreiflichen und Chaotischen in eine zufriedene, wohlgeordnete Welt bzw. von der menschlichen Obsession un dem Verhängnis des Nicht-Aufhören-Könnens".

Die französische Verfilmung orientierte auf die Verfolgung irrelevanter Schein-Ziele, Forschung, Weltanschauungen, für die aus selbstillusorischen oder letztlich schlicht egoistischen Gründen Kapazitäten, Zeit und Menschen - wahrhaft wichtige (wissenschaftliche) "Ernten" geopfert werden. Falsche Lebensziele. Der Film findet zu einer Entscheidung, ja "Lösung" mit religiöser Symbolik: Das zweite Seil kreuzt in einer Wüste(!)das erste im rechten Winkel, sodass wirklich ein schönes Kreuz entsteht. Ja, ja - der Jesus in der Wüste findet seine endgültige Bestimmung - das Kreuz.
Früher oder später wird sich der Suchende mit religiösen Fragen auseinandersetzen müssen. Der verzweifelte letzte Sucher wird wahrscheinlich nicht weitergehen. Es gibt kein Ziel. Oder ist das Kreuz im Nichts (Tod?) das Ziel, das Zentrum.

Zurück zum Buch: Was war eigentlich der Anlass der sich entfaltenden Katastrophe? Ein unbedarftes Seil halt! Ja doch: unerklärliches Erscheinen, phantastische Länge, unbekanntes Ziel - rätselhaft. Aber doch auch nur ein "dummes", ziemlich schweigsames Seil! Dessen aufopferungsvolle Verfolgung zumindest nicht den eigenen Untergang wert ist! Denn an sich ist das Seil ebenso unerklärlich, wie es wertlos für das praktische Leben sein mag!
Ihm selbst ist keine Schuld für Unheil und Verderben vorzuwerfen.
Vielmehr der Gier und dem Wahnsinn von Menschen.
Vielmehr den Menschen ist es vorzuhalten, die "das Seil" ohne Korrektur durch andere rationale, kritische Kräfte, Widersprecher - möglicherweise - fehlinterpretieren und alle Ressourcen für ein (eventuelles Irr-)Ziel verschleudern - blind der Gefahr eigenen Untergangs.
Hier ist m.E. eindeutig die Rede von Menschen, die ihre speziellen demagogischen, egoistischen, diktatorischen Ziele verfolgen und Dinge, Phänomene, Ereignisse usw. deuten und zu Ideologien in eigener Sache aufbauen und missbrauchen. Die diese dann zur einzigen rechtmäßigen Ideologie, zur Religion erheben. Und sich als deren oberste, weise Priester. Macht.
Kritik, ja Vorwurf gilt aber auch unkritischen, ungebildeten, geistig-phlegmatischen, übersättigen Menschen, die solchen Führern - ohne Not! - erst aus kindischer Abenteuerfreude, später aus Angst und Scham folgen und zu sich selbst betrügenden Fanatikern, Mittätern werden. Ihren eigentlichen Verantwortlichkeiten nicht nachkommen. Dem wirklich Wichtigen nicht mehr folgen, es vernachlässigen. Aus dümmlichen Narzismus einem Irrweg und einem lächerlichen Schwätzer hinterherlaufen. Bis das böse Erwachen kommt - unter Umständen zu spät.
Unumkehrbar!