Wladimir Tendrjakow - Anschlag auf Visionen. (1979-1982)
"Was wäre aus der Menschheitskultur geworden, wenn Jesus vor der Bergpredigt umgekommen wäre? Könnten die Ideale der Bergpredigt real verwirklicht werden? Und was müßte Campanellas Kasernenkommunismus zeitigen, wäre er zur materiellen Gewalt geworden? »Anschlag auf Visionen« macht weltgeschichtliche Tragödien durchschaubar. Und die kritische Analyse der »verlorenen Illusionen« führt zu der Einsicht: Selbst die allerbesten idealistischen Absichten können sich in ihr Gegenteil verkehren und müssen es letztlich auch, wenn die entwickelten sozialhistorischen Strukturen »nur ökonomisch« sind und nicht zugleich das Menschliche, Sittliche freisetzen. Und ebenso müssen alle Sittenlehren scheitern, wenn sie nicht auf die Freisetzung der historisch heranreifenden neuen sozialen Strukturen gerichtet sind." ...
... Der "Physiker Grebin und seine Freunde, testen im Moskau der siebziger Jahre (zur Zeit der "Stagnation") die Geschichtsmächtigkeit der Bergpredigt und der Vernunftutopie von Campanellas »Sonnenstaat« in Computerexperimenten" ...
(aus dem Klappentext)
Eine philosophische Aufarbeitung der Breschnew-Ära in der Sowjetunion, die besorgte Suche nach einem Ausweg aus der "Stagnation".
Und auch eine Alternativ-Geschichte!
Aber KEIN Roman, der der Science fiction zuzurechnen ist: auch, weil Tendrjakow kurz vor seinem Tode noch den ursprünglichen abschließenden Teil entfernte, indem er zuletzt anhand eines künstlichen, besiedelten Planeten darstellte, wie die Welt in 50 Jahren (also ca. 2030) bei einer geglückten (vorausgesehenen!) Perestroika aussehen könnte.
Dies tat der drängenden Wirkung des Romans, etwas am auch sittlich verfallenden Sowjet-Sozialismus ändern zu müssen, nur gut.
Auch möglich: Vielleicht hatte Tendrjakow spätestens 1984 jeglichen Glauben an die Reformierbarkeit und Zukunftsfähigkeit des Sowjetsystems jeglicher Gestalt verloren ...
Der Roman erschien erst posthum 1987 in der UdSSR, und 1989 - ganz zum Schluss - auch in der DDR.